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»Die Kraft kommt
aus uns selbst. Die Kraft ist einfach da.«

»Die Kraft kommt aus uns selbst. Die Kraft ist einfach da.«

»Gestern war strahlender Sonnenschein, heute, wo es drauf ankommt, haben wir ostwestfälisches Wetter.« Elke Freitag schüttelt den Kopf und zuckt mit den Achseln. Es regnet Bindfäden in ihren Garten, sie schaut gut gelaunt zu. »Ganz typisch für hier, ich werde noch einen Kaffee trinken, bevor ich los fahre.« Zwei Termine wird sie heute haben, einen auswärts, den zweiten hier bei sich zuhause.

»Als Hebamme bin ich Familienbegleiterin« erklärt Freitag, um dann gleich fortzufahren: »Ich sage auch bewußt: Familien. Ich unterstütze die Familien, natürlich zuerst die schwangeren Frauen, aber ich lerne auch die Partner kennen, die Geschwisterkinder – und darf auch sie begleiten. Ich darf mein Fachwissen anbieten, darf Unsicherheiten nehmen und bestärke die Familien ganz ganz viel darin, daß sie das können. Ich darf den Frauen das Selbstverständnis geben, daß sie gebären können, darf sie in ihre Kraft führen und in das Wissen: Ich schaffe das. Schwangerschaft, Geburt, Familiengründung, Familienleben ist ja ursprünglich das, was das Menschsein ausmacht.«

»Das ist ein Zusammenspiel von Mutter und Kind, das Gebären.«

»Das ist immer wieder ein Wunder, die Geburt. Wir müssen der Natur nicht erzählen, wie aus zwei kleinen Zellen ein Mensch im Bauch heranwächst. Ich spreche auch hier immer ganz bewußt von Geburt und Gebären, weil ich finde, das ist ein aktiver Vorgang der Frauen.« Andere Worte dafür, wie zum Beispiel »Entbindung«, meidet Freitag, denn die weisen der Frau eine passivere Rolle zu und sprechen ihr die Kompetenz ab, Geburt auch selber, aus eigener Kraft und allein zu können.

Freitag ist seit 1985, also seit 37 Jahren Hebamme und betreut aktuell ungefähr 100 Familien pro Jahr. Es ist ihr wichtig, sehr genau auf ihre Wortwahl zu achten. »Eine Geburt ist Urkraft, ist Basis, ist Zurückführen auf mein Sein, auf mein Frau-Sein. Die Kraft jeder Frau zur Geburt, zum Gebären, kommt aus ihr selbst, kommt aus der Natur, die hat sie. Das ist das, was ich den Familien immer sage, was ich vermitteln möchte«, berichtet sie, »geh in Deine Kraft und geh vor allem in Dein Bauchgefühl. Sei authentisch, das ist es, was du brauchst, um Mutter zu sein, Vater, Schwester, um großer Bruder zu sein.«

»Hallo hier bin ich, was passiert jetzt?«

Dieses Bauchgefühl, weiß Freitag zu berichten, ist individuell sehr unterschiedlich. Die Familien, auch die Neugeborenen sind absolut unterschiedlich, haben immer wieder ganz verschiedene Bedürfnisse: »Meine Betreuung ist jedes Mal anders. Wenn ich zu einem ersten Besuch fahre, weiß ich wirklich überhaupt nicht, was mich erwartet, denn es gibt jede Frau, jede Familie, jedes Kind nur ein einziges Mal. Auch wenn eine Familie mehrere Kinder bekommt, keines ist wie das andere. Jedes ist absolut einmalig. Der Mensch, der auf die Welt kommt ist von Anfang an ein absolutes Individuum.«

»Der eine Mensch ist da, das Köpfchen gerade geboren, er macht die Augen auf und lächelt fast, der andere Mensch kommt auf die Welt, ist sehr in sich gekehrt, braucht ganz viel Schutz und Hülle und fühlt sich gestört durch alles, was um ihn herum passiert. Deswegen gibt es nicht die Hebammen-Betreuung, es gibt nicht den Hausbesuch. Es gibt nur absolut individuelle Begleitung. Standardisierte Hebammen-Betreuung gibt es nicht. Es ist absolut individuell. Ich würde fast sagen, die individuellste medizinische Betreuung, die man sich überhaupt vorstellen kann.«

»Handwerk, das sind meine Hände, das ist mein Gefühl.«

Ein großer Teil ihrer Arbeit, der größte vielleicht, ist das Zuhören, ist das Gespräch. »Ich weiß vorher nie, wieviel Zeit ich mit den Familien verbringe, wie der Bedarf wirklich ist in der Unterstützung. Da geht es wieder sehr individuell darum, was die Frau, die Familie gerade wirklich benötigt. Was ist Euer Gefühl? Was braucht Ihr damit es Euch gut geht? Es gibt Frauen, die brauchen manchmal ganz konkrete Alltagshilfen, oder sie haben Beschwerden, dann sagen sie mir das. Die Basis ist mein Hebammenkoffer. Da geht es tatsächlich in der Vorsorge um solche Fakten wie Blutdruck messen, Urin sticksen, wiegen, auch das Zentimetermass ist dabei, um den Bauchumfang zu messen. Natürlich möchte ich die Herztöne des Babys hören, möchte daß die Mütter und Geschwisterkinder auch mithören.

Ich taste den Bauch ab, erzähle der Mutter, wo ihr Kind wohnt. Dann sage ich: Ach, hast Du gehört? Hast Du gespürt, das Baby bewegt sich – und darauf bauen wir dann auf. Ich nehme Kontakt zum Kind auf. Ganz, ganz wichtig. Wenn es eine Frau ist, die sich nicht wohl fühlt, die zum Beispiel nicht schlafen kann oder der sehr übel ist, dann kann ich ihr ganz gut mit der Naturheilkunde helfen. Die Naturheilkunde brauche ich ganz viel als Unterstützung, weil sie den Frauen hilft, in ihrer Balance zu sein.«

»Vertrauen, das ist für mich: Öffnung.«

»Was belastet Dich gerade ganz persönlich und wie kann ich dir dabei helfen? Was sind die Dinge, die die Familien brauchen, die ich als Hebamme brauche, damit wir gemeinsam und erfolgreich unsere Arbeit leisten können?« Immer wieder hält Elke Freitag inne und schaut auf ihr Telefon, beantwortet kurz und freundlich verschiedene an sie herangetragene Fragen, schreibt sich neue Termine auf, nimmt neue Betreuungs-Anfragen an und lächelt mit großer Ruhe in ihren Kalender hinein. Gleich wird sie losfahren, um Kathrin zu besuchen, die gerade sehr stark ihre Unterstützung braucht.

»Vertrauen, Kraft. Sicherheit ist wichtig. Und ganz ganz oben stehen die Liebe und die Freude. Das sind die wichtigsten Dinge, die wir alle brauchen und das ist das, was ich den Familien vermitteln möchte. Vertrauen bedeutet für mich, bedingungslos alles zu sagen, zu zeigen was ich fühle, was mich beschäftigt, ohne Angst. Öffnung bedeutet für mich authentisch zu sein, von beiden Seiten. Und Vertrauen in die eigene Kraft, das heißt locker sein, einfach entspannt sein. Ins richtige Bauchgefühl kommen: Ich weiß, ich schaffe das. Ich kann es, da brauche ich gar nicht darüber nachzudenken.«

»Es geht wirklich um Körper, Geist und Seele.«

Ja, die Gedanken. »Kathrin zum Beispiel hat so kurz vor der Geburt ziemlich viele Gedanken im Kopf, da hat sie ein bisschen Probleme mit dem Schlafen. Das Einschlafen geht ganz gut, aber durch die Größe des Bauches kann sie nicht gut durchschlafen und dann hat sie auch immer wieder ein bisschen Rückenprobleme. Da haben wir besprochen, daß sie Schüßler-Salze nimmt und wir sind auch noch in einer Akupunkturtherapie. Die Schüßler-Salze zwei, fünf und sieben in Wasser aufgelöst macht sie sich abends wie einen heißen Tee. Dann kann sie gut einschlafen, gut durchschlafen und ist morgens vor allen Dingen gut erholt.

Das Salz Nummer sieben ist das Mittel des Rhythmus, das heißt: Tag Nacht Rhythmus zum Beispiel. Und die Wehen-Tätigkeit, Geburt, das Gebären ist das rhythmische Geschehen auf unserer Welt. Wehen sind absolut rhythmisch, 60 Sekunden, zwei Minuten Pause, dann geht es wieder los. Wenn wir über ein Mittel sprechen, bei mir in der Arbeit, auf das ich nicht verzichten würde, dann ist es tatsächlich dieses Schüßler-Salz Nummer 7, mit manchen Wow-Effekten.

Homöopathie, Naturheilkunde als Überbegriff ist für mich das wichtigste Handwerkszeug. Vorteile, Vorteile. Wir haben ganz viele Vorteile mit der Naturheilkunde, weil sie für Mutter und Kind völlig ungefährlich sind, keinerlei Nebenwirkungen haben. Sie behandelt nicht Symptome, sie unterstützt den Menschen in seiner Vielfältigkeit und Individualität. Ohne die Naturheilkunde, ohne die Homöopathie wäre ich manchmal nicht so fähig, die Familien gut zu unterstützen. Das ist für mich die Basis meiner Arbeit.«

»Es ist kein Beruf, es ist eine Berufung.«

Nach einem weiteren Besuch bei sich zuhause und einem entspannten Spaziergang im Regen mit Laura, die vor 6 Wochen Antonius geboren hat, neigt sich für Freitag der Arbeitstag dem Ende zu. Sie lacht und zuckt mit den Schultern: »Es ist ja nicht planbar, wann Kinder geboren werden. Ich bin in einer Phase, wo ich sehr, sehr viel arbeite. Wir Hebammen haben eine Sieben -Tage – Woche, also auch kein Wochenende zum Erholen. Mir macht das nichts, ich arbeite leidenschaftlich gerne, auch nach 37 Jahren.

Es ist Lebensinhalt, Familien zu begleiten, deshalb ist für mich noch kein Limit da. Ich sage jetzt nicht, daß ich mit 65 in Rente gehe. Ich habe so viele Projekte und Dinge, die ich noch machen, auch noch lernen, die ich weitergeben möchte. Solange ich Spaß daran habe, zu arbeiten, werde ich arbeiten. Mal sehen.«

 

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